Stories vom Kuhsommer 2023
Das ist Franzi. Sie ist vier Jahre alt und lebt bei Martin und Eva im schönen Rheinland-Pfalz. Was Franzi und die Herde diesen Sommer erlebt haben, wie sie die Stallumbauten fanden, welche Futtermittel die Tiere besonders mögen - all das und noch mehr erfahrt ihr hier.
Martin und Eva betreiben den Hof bereits in der vierten Generation. Und auch der Rest der Familie packt täglich im Stall an. Immer mit dabei: Hofhund Charlie, ein entspanntes, schwarzes Fellknäuel.
2022 wurde viel in moderne Landwirtschaft investiert und der Stall wurde umgebaut. Das fanden vor allem die Kühe spannend, sie haben neugierig die Änderungen beäugt. Auch ein Melkroboter wurde eingebaut. Er ermöglicht es den Tieren, selbst zu entscheiden, wann und wie oft sie gemolken werden. Ihr wollt mehr erfahren? Dann schaut in unsere Stories rund um Franzi!
Martins Herde – und Franzi in pink
So fing die erste Woche an, in der wir Franzi begleitet haben. Ende Juli und Anfang August wurde es über ein paar Tage richtig warm. Im schattigen Stall von Eva und Martin konnten sich Franzi und der Rest der Herde dagegen schützen. 2022 haben Martin und Eva den Boxenlaufstall zu einem Offenfrontstall ausgebaut, der zu drei Seiten hin offen ist. Wird es warm, können Martin und Eva die Seiten öffnen, so dass die Luft auf natürliche Weise zirkuliert und Abkühlung schafft. Zusätzlich schützt ein isoliertes Dach die Kühe vor Sonneneinstrahlung und hält Hitze draußen. Kühle Temperaturen zwischen -7 und 17 Grad und eine trockene Luft wissen Franzi & Co zu schätzen.
Wirft man einen Blick auf die Daten, fällt auf: Der Umbau des Stalls hat sich bezahlt gemacht! Der Klimasensor wurde ganz bewusst an der kritischsten Stelle angebracht. Trotzdem bewegen sich die Werte auch bei großer Hitze draußen im moderaten Bereich. Dazu Martin: “Wirklich heiß wird es bei uns im Stall eigentlich nicht. In der Regel sind die Temperaturen angenehm.” Worauf die beiden Landwirt:innenn außerdem acht geben ist, dass die Tränken immer sauber sind und das Wasser gut nachfließen kann. Denn frisches und sauberes Wasser ist das wichtigste Futtermittel von allen und Grundlage für eine gesunde Kuh.
Für die Gesundheit der Kühe ist die richtige Zusammensetzung des Futters entscheidend. Das Zauberwort auf Martins und Evas Hof lautet TMR. Das ist die Kurzform für Totale Mischration. Dabei werden alle Futterkomponenten, die Kühe wie Franzi brauchen, durchmischt. Der Großteil davon ist das sogenannte Grundfutter – zwei Drittel sind Grassilage, der Rest ist Maissilage. Dabei bauen Martin und Eva 85 Prozent ihrer Futtermittel selbst an – von Feldern, die nicht weiter als fünf Kilometer entfernt liegen. "Wir müssen nur 15 Prozent der Futtermittel zukaufen, weil wir die unter unseren Bedingungen hier in den Mittelgebirgslagen nicht selbst produzieren können," erklärt Martin.
Doch zurück zur TMR: Alle drei Futterkomponenten werden so fein gehäckselt und vermischt, dass 'Rosinen picken' unmöglich ist. Denn typisch für die Kuh ist, dass sie das Feinste immer zuerst isst. Der große Vorteil der TMR ist also, dass die Tiere mit jedem Bissen eine identische Futtermischung zu sich nehmen. Für Kühe wie Franzi ist das sehr bekömmlich und sorgt für einen stabilen pH-Wert. Doch was ist eigentlich der ideale pH-Wert, der das Säure-Basen-Verhältnis im Vormagen der Kuh anzeigt?
Was Kühe auf dem Futtertisch mögen, ob sie lieber abwechslungsreich futtern oder 365 Tage im Jahr das gleiche Futter bevorzugen, hört ihr in unserer neuen Podcast-Folge.
Vorab: Der pH-Wert zeigt das Säure-Basen-Verhältnis im Pansen, dem Vormagen der Kuh, an. Für Landwirt:innen ist der Wert ein wichtiges Indiz dafür, wie es ihren Kühen geht. Im Pansen befinden sich eine Vielzahl von Mikroorganismen, die in Symbiose mit den Wiederkäuern zusammenleben. Franzi hat also viele kleine Bewohner in ihrem Vormagen, die ihre Verdauung regeln. Doch dabei handelt es sich um keine Einbahnstraße! Auch die Mikroorganismen verändern ihre Form, je nachdem, was sie bzw. ihre Mitbewohnerin Franzi zu futtern kriegen. Es spielt also eine wichtige Rolle, wie das Futter zusammengesetzt ist und wie häufig die Kühe gefüttert werden.
So können Martin und Eva durch das Futter, das sie ihren Tieren geben, das Wiederkäuverhalten positiv beeinflussen – und damit auch den pH-Wert. Zum Beispiel nimmt das Wiederkauen zu, wenn viel faserhaltiges Grundfutter dabei ist – der Fachmann:die Frachfrau spricht in dem Kontext auch von einer 'ausreichenden Strukturversorgung’'. Beim Wiederkauen bildet die Kuh Speichel, der eine puffernde Wirkung hat, indem er den Säuregehalt im Pansen nach unten korrigiert. Das funktioniert auch in die andere Richtung: Ist der pH-Wert zu niedrig, können Martin und Eva durch das Zugeben von Mineralstoffen gegensteuern.
Bei Franzi hat das im Zeitraum unserer Datenaufzeichnung ganz wunderbar funktioniert. Über die gesamten acht Wochen weist sie einen pH-Wert von durchschnittlich 6,1 auf – man spricht hier auch von einem 'gesunden Pansenmilieu'. Anders formuliert: Alles im grünen Bereich! Anhand der Grafik von Woche 1 (ab 31. Juli) sehen wir, wie ein optimaler Verlauf aussieht. Wir sehen regelmäßige und eher geringfügige Ausschläge – sowohl beim pH-Wert als auch beim Wiederkäu-Index. Das spricht dafür, dass Franzi das Futter gut verträgt – und das trotz der warmen Temperaturen draußen.
Ab Mitte August steigen draußen die Temperaturen wieder an. Was uns zu schaffen macht, lässt auch die Kühe ihren Tag gemäßigter angehen. Sie bevorzugen Temperaturen zwischen -7 und 17 Grad bevorzugen.
Franzi bewegt sich insgesamt weniger. Das verrät uns unter anderem der Aktivitäts-Index. Er berechnet sich aus der – Achtung! – Beschleunigung der Kuh. Die gemessene Aktivität schließt Bewegungen wie schnelles Gehen, langsames Trotten oder Aufspringen ein. "Es gibt Kühe, die legen sich sechs, sieben Stunden hin und es gibt Kühe, die legen sich öfters nur kurz hin – da ist jedes Tier unterschiedlich”" so Martin. "Wenn wir aber Futter abladen, ist die Aktivität in der gesamten Herde recht hoch." Im offenen Boxenlaufstall ist es den Tieren möglich, sich zu bewegen, wie sie möchten. Für Fressen, Liegen und Bewegen gibt es jeweils eigene Bereiche mit ausreichend Platz für alle.
Wir sind mit dem Kamerateam vor Ort und drehen im Stall und auf der Wiese (das Ergebnis findet ihr hier). Herzstück eines jeden Hofs sind natürlich die Kühe - die übrigens sehr soziale und interessierte Tiere sind. Auch bei unserem Filmdreh auf Martins und Evas Hof kommen sie vorbei und schauen neugierig, was da so passiert. Mittendrin: Unsere Kuh Franzi. Die Kurve ihres Aktivitäts-Index zeigt einen Ausschlag an – zu der Zeit, als wir uns für den Filmdreh im Stall aufhielten. Was die Kühe von Martin und Eva ebenfalls nicht sind: scheu! Immer wieder zieht es sie zum Gang, wo sich das Drehteam für den nächsten 'Take' präpariert. Dort schnappen sie nach herunterhängenden Bommeln oder lecken Jacken von abgelenkten Kameramännern ab. Auch Stative waren vor den Vierbeinerinnen nicht sicher.
Am Ende unserer Datenaufzeichnung wird noch einmal ein neuer Grasschnitt für Franzi und ihre Kolleginnen aufgetischt! Dabei handelt es sich um den ersten und zweiten Schnitt aus dem Frühjahr, der jetzt als Silage den Tieren als Futter ausgegeben wird. In der Regel schneiden Martin und Eva vier bis fünf Mal im Jahr das Gras auf ihren Wiesen. Es ist die Hauptgrundlage für ihre Fütterung. Um das Gras haltbar zu machen und damit es den Kühen das ganze Jahr über zur Verfügung steht, wird es siliert. Dabei wird Grünfutter gehäckselt, in ein Silo gefüllt und so lange luftdicht abgedeckt, bis die Gärung zum Stillstand kommt.
Wie der Vorgang im Detail abläuft, erklärt uns Martin. "Im Futter bilden sich Gärsäuren. Der Zucker in dem Gras wird von Milchsäurebakterien aufgenommen und in Milchsäure umgewandelt. Durch die Milchsäure senkt sich der pH-Wert im Futter, wodurch es haltbar wird. So steht unseren Kühen das ganze Jahr als Futter zur Verfügung." Eva berichtet: "Es ist eine sensible Phase, wenn man von einem Silo auf das andere umstellt. Bis jetzt verläuft aber alles ruhig." Das spricht auch für die Qualität des silierten Grases!