Interview mit Elisa Münster
Ökologie, Tierwohl, Sozialverträglichkeit und Ökonomie – Das QM-Nachhaltigkeitsmodul Milch umfasst alle Dimensionen von Nachhaltigkeit. Elisa Münster vom QM Milch e.V. stellt das Branchen-Tool vor und erklärt, wie Landwirt:innen und die Milchwirtschaft damit arbeiten.
Das QM-Nachhaltigkeitsmodul Milch vom Thünen-Institut und QM Milch e.V. zeigt eines ganz deutlich: Nicht nur einzelne Betriebe setzen sich Tag für Tag für Nachhaltigkeit auf ihren Höfen ein, sondern die ganze Branche ist unterwegs! Mit über 15.000 teilnehmenden Betrieben von ca. 30 unterschiedlichen Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften sind bereits Daten über jede 3. deutsche Milchkuh in das Projekt eingeflossen.
Hinter dem Modul steht die Idee, das komplexe Thema Nachhaltigkeit greifbar zu machen – und das mit Hilfe von Daten, die direkt von den Landwirt:innen kommen. Dazu füllen sie einen spezifischen Fragebogen aus. Die Antworten werden in einer Datenbank erfasst, ausgewertet und an die Molkereien und Milcherzeuger:innen zurückgeschickt. Mit Hilfe der Berichte werden die Stärken und Schwächen der Betriebe und damit die Potenziale für Verbesserungen sichtbar. Schritt für Schritt trägt das Modul somit zur Weiterentwicklung einer nachhaltigeren Milchproduktion bei.
Wie genau die Zusammenarbeit zwischen den Höfen, Molkereien, dem Thünen-Institut und QM-Milch abläuft und was es mit dem "Spirit" des Moduls auf sich hat, erfahrt ihr im Interview mit Elisa Münster vom QM Milch e.V.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Höfen?
Die Kommunikation in Richtung der Landwirt:innen läuft über die Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften. Diese nehmen aktiv am Modul teil und geben den Fragebogen weiter an ihre Milcherzeuger:innen. Wichtige Grundlage des Moduls ist es, dass die Molkereien die beteiligten Landwirt:innen konsequent einbinden und ihnen erklären, wozu die Daten erhoben werden und wofür sich die Ergebnisse anschließend nutzen lassen. Die Analysen können zum Beispiel für Weiterbildungen dienen. Als Projektpartner:innen stehen wir in engem Austausch mit den Molkereien und entwickeln das Modul stets dahingehend weiter, dass es ihnen heute und künftig nutzt.
Wie werden die Standards und Kriterien in dem Modul festgelegt und schließlich ihre Praxistauglichkeit gewährleistet?
Wir haben die Kriterien des Moduls gemeinsam mit Vertreter:innen der gesamten Wertschöpfungskette – von den Betrieben, über die Molkereien bis zum Handel – sowie Wissenschaftler:innen, landwirtschaftlichen Berater:innen und Umwelt- sowie Tierschutzorganisationen in Workshops erarbeitet. Sie basieren zudem auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Befragungen von Expert:innen. Auf diese Weise wurden die Kriterien von Anfang an auf ihre Praxistauglichkeit geprüft – schließlich waren an ihrer Entwicklung Fachleute beteiligt, die ihre Expertise aus der Praxis einbringen konnten. Darüber hinaus wird das QM-Nachhaltigkeitsmodul fortlaufend in den Fachbeiratssitzungen bei QM-Milch thematisiert. Auch hier kommen Verantwortliche aus allen Bereichen zusammen und diskutieren die aktuellen Entwicklungen. Und nicht zuletzt garantiert der enge Austausch mit den Molkereien, dass das Modul up to date ist.
Klima, Böden, Infrastruktur – die Gegebenheiten der Höfe sind sehr individuell. Wie können die Höfe das Modul an ihre Gegebenheiten anpassen?
Das QM-Nachhaltigkeitsmodul Milch ist ein Basistool, das ein breites Set grundlegender Kriterien auf Milchviehbetrieben abfragt. Es ist so angelegt, dass jeder Betrieb ganz individuell mit den Ergebnissen arbeiten kann.
Es gibt viele Tools, um Emissionen messbar zu machen. Worin unterscheidet sich das QM-Nachhaltigkeitsmodul Milch von ihnen?
Nachhaltigkeit ist viel mehr als ein zu berechnender CO2-Fußabdruck, und das ist auch der Spirit des Nachhaltigkeitsmoduls: Wir erheben eine ganze Reihe klimarelevanter Kennzahlen und berechnen ab Anfang 2025 aufgrund der hohen Relevanz für die Molkereien auch den CO2-Fußabdruck als Wert.Trotzdem bleibt zu bedenken, dass ein CO2-Fußabdruck allein noch keinen Klimaschutz macht. Das Nachhaltigkeitsmodul steht vielmehr für alle Dimensionen der Nachhaltigkeit und deren Stellschrauben, um die einzelnen Bereiche betriebsindividuell zu verbessern. Das geht weit über eine reine Fußabdruckberechnung hinaus.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Haltungsformen und der Nachhaltigkeit der Höfe?
Wie bereits angesprochen: Nachhaltigkeit umfasst alle 4 Dimensionen – Tierwohl, Ökonomie, Ökologie und Soziales. Durch die Haltungsform werden einzelne Aspekte des Tierwohls sichtbar. Die individuellen Bedingungen der einzelnen Höfe sind jedoch entscheidender für deren ganzheitliche Nachhaltigkeit als die Haltungsform es abbilden kann.
Elisa Münster ist Referentin für Nachhaltigkeit und Tierwohl bei QM Milch e. V. Als solche kümmert sie sich im Besonderen um die Bereiche Qualitätsmanagement und -sicherung in der Landwirtschaft sowie um Tierwohl und Haltungsformen. Sie hat die Haltungsformkennzeichnung für den Handel mitentwickelt. Diese zeigt wie die Kühe auf den Höfen leben. 2023 wurden diese eingeführt und machen das Engagement der Branche für mehr Tierwohl sichtbar.