Interview

Sport und Ernährung in Balance – mit Joghurt

Naturjoghurt ist nicht nur ein vielseitiger Snack, sondern auch ein wichtiger Eiweißlieferant für Sportler:innen. Ernährungsexpertin Dr. Christina Steinbach berät Hobby- sowie Leistungssportler:innen und weiß, worauf es in einer ausgewogenen Sporternährung ankommt.

Dr. Steinbach, um zu verstehen, welche Ernährung für Sportler:innen die beste ist, schauen wir erstmal auf die physischen Prozesse: Was passiert im Körper während des Sports und danach?

Während des Sports arbeitet der Körper auf Hochtouren, um die Muskeln mit Energie zu versorgen. Der erste Energiespeicher, auf den er zurückgreift, sind die Glykogenspeicher in den Muskeln, da Glykogen schnell verfügbar ist. Diese Kohlenhydratspeicher sind begrenzt. Also wechselt der Körper bei längerer Belastung zunehmend zur Fettverbrennung. Je nach Sportart und Intensität wird Milchsäure (Laktat) produziert, die für das "Brennen" in den Muskeln verantwortlich sein kann. Gleichzeitig steigert sich die Durchblutung, da das Herz schneller pumpt, um Sauerstoff und Nährstoffe zu den arbeitenden Muskeln zu transportieren. Auch die Atemfrequenz nimmt zu, um den Sauerstoffbedarf der Zellen zu decken. Durch die Muskelarbeit entsteht Wärme, wir fangen an zu schwitzen.

Nach dem Sport beginnt der Körper mit der Regeneration: Die Glykogenspeicher werden wieder aufgefüllt, Mikroverletzungen in den Muskelfasern repariert und der vom Schwitzen gestörte Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt wird reguliert. Gleichzeitig werden Prozesse aktiviert, die den Aufbau und die Stärkung der Muskulatur fördern. In dieser Phase passt sich der Körper an die Belastung an, was unsere Leistung künftig steigert. Auch das Immunsystem wird nach intensiven Belastungen vorübergehend geschwächt. Darum ist es umso wichtiger, den Körper in dieser Phase optimal mit Nährstoffen zu versorgen.

Wie unterstützen Milchprodukte die Leistungsfähigkeit von Sportler:innen? Kann Naturjoghurt dabei etwas besonders gut?

Milchprodukte sind in der Sporternährung eine hervorragende Quelle für Proteine, Kalzium und Elektrolyte, die für Sportler:innen besonders wichtig sind. Die Proteine in Milchprodukten bestehen aus zwei wichtigen Komponenten: Molkenprotein (engl. Whey) und Casein. Molkenprotein wird schnell verdaut und liefert den Muskeln unmittelbar nach dem Training die benötigten Aminosäuren, um sie zu reparieren und aufzubauen. Casein hingegen wird langsamer verdaut und stellt dem Körper über einen längeren Zeitraum Proteine zur Verfügung. Das ist insbesondere während längerer Regenerationsphasen oder über Nacht hilfreich.

Naturjoghurt ist leicht verdaulich und liefert Kohlenhydrate, die dabei helfen, die Glykogenspeicher aufzufüllen. Durch seine Vielseitigkeit lässt sich Naturjoghurt mit kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Obst oder energiedichten Zutaten wie Nüssen kombinieren, um den individuellen Bedarf optimal zu decken.

Training, Wettkampf, Regeneration – wann ist der beste Zeitpunkt, um dem Körper einen Joghurt zu gönnen und warum?

Naturjoghurt kann zu verschiedenen Zeitpunkten sinnvoll sein, da er sowohl Energie liefert als auch die Regeneration unterstützt. Vor dem Training oder Wettkampf ist Joghurt in Kombination mit leicht verdaulichen Kohlenhydraten wie Honig oder Obst eine gute Option. Er liefert schnell verfügbare Energie, ohne den Magen zu belasten, und verhindert durch seinen Eiweißanteil einen zu schnellen Abfall des Blutzuckerspiegels. Besonders bei morgendlichem Training kann ein kleiner Joghurt-Snack verhindern, dass der Körper in einem katabolen Zustand (Muskelabbau) arbeitet.

Nach dem Training ist der beste Zeitpunkt, um den Körper mit den genannten Nährstoffen zu versorgen. In der anabolen Phase, den ersten 30 Minuten nach dem Training, sind die Muskeln besonders empfänglich für Nährstoffe. Hier hilft der hohe Proteingehalt, um etwa beschädigte Muskelfasern zu reparieren. Für alle, die am liebsten abends trainieren, versorgt das Casein die Muskulatur während der Nacht.

Welcher Fakt überrascht Ihre Kund:innen in der Ernährungsberatung häufig?

Viele sind erstaunt darüber, wie wichtig die Verteilung der Proteinzufuhr über den Tag ist. Häufig denken Sportler:innen, dass sie ihren Proteinbedarf mit einer großen Eiweißportion nach dem Training abdecken können. Studien[1] zeigen aber, dass eine gleichmäßig verteilte Proteinzufuhr – zum Beispiel durch kleine Mengen in jeder Mahlzeit und Snacks wie Joghurt – effektiver ist, um die Muskelproteinsynthese zu maximieren.

Ebenso überraschend ist für viele, dass fermentierte Lebensmittel wie Naturjoghurt das Immunsystem stärken und damit die Belastbarkeit in intensiven Trainingsphasen erhöhen können. Auch die entzündungshemmende Wirkung von Milchprodukten ist für viele ein Aha-Moment. Joghurt kann dazu beitragen, Muskelkater zu reduzieren und die Regeneration zu beschleunigen.

Gemeinsam für ein nachhaltiges Europa

“Yoghurt, it’s great inside” ist ein von der EU co-finanziertes Programm des European Milk Forums (EMF). Ziel ist es, gemeinsam die nachhaltige Lebensmittelproduktion in Europa transparent zu machen und tatkräftig zu unterstützen.

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Welche Unterschiede bestehen in der Ernährung je nach Leistungslevel: Brauchen Spitzensportler:innen mehr Joghurt als Hobbysportler:innen?

Spitzensportler:innen haben einen deutlich höheren Energie- und Nährstoffbedarf als Hobbysportler:innen, da ihr Trainingsvolumen und ihre Intensität wesentlich höher sind. Für sie ist Joghurt nicht nur ein praktischer Snack, sondern sie bauen ihn gezielt in Regenerationspläne ein. Nach einem Wettkampf oder einer intensiven Trainingseinheit kann er in einem Recovery-Shake oder als kleine Mahlzeit helfen, um schnell Proteine und Elektrolyte zu bekommen.

Hobbysportler:innen profitieren ebenfalls von Joghurt, jedoch eher in moderaten Mengen und als Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Da sie oft weniger intensiv trainieren, dient Joghurt bei ihnen vor allem dazu, die allgemeine Gesundheit und den Proteinbedarf zu unterstützen. Der Unterschied liegt weniger im Lebensmittel selbst als in der Menge und Häufigkeit, in der er gegessen wird.

Warum wird griechischer Joghurt für Sportler:innen gehypt und nicht der Naturjoghurt?

Griechischer Joghurt wird wegen seines hohen Proteingehalts geschätzt, der oft doppelt so hoch ist wie bei herkömmlichem Naturjoghurt. Diese Eigenschaft macht ihn besonders attraktiv für alle, die Muskelaufbau oder -erhalt anstreben. Er ist außerdem von Natur aus dicker und cremiger, was ihn ideal für Shakes, Bowls oder als Basis für proteinreiche Snacks macht. Während griechischer Joghurt häufig für die Regeneration bevorzugt wird, ist Naturjoghurt eine gute Wahl für leichte Snacks oder Mahlzeiten, die nicht so stark proteinfokussiert sind. Beide Varianten haben ihren Platz in der Sporternährung, und die Wahl hängt oft von persönlichen Vorlieben und spezifischen Zielen ab.

Inwieweit können pflanzenbasierte Joghurtalternativen denselben Ernährungseffekt erzielen wie Naturjoghurt?

Pflanzenbasierte Joghurtalternativen können einige der Vorteile von Naturjoghurt bieten, allerdings hängt das stark von der Basis und den hinzugefügten Nährstoffen ab. „Soja-ghurt” ist von allen pflanzlichen Alternativen am besten geeignet, da er von Natur aus einen hohen Proteingehalt aufweist, der mit tierischem Joghurt vergleichbar ist. Aber: Die biologische Wertigkeit des Sojaproteins ist oft etwas geringer als die aus tierischem Protein.

Für Sportler:innen, die sich rein pflanzlich ernähren, ist es wichtig, pflanzliche Joghurtalternativen mit einem hohen Proteinanteil und Zusatzstoffen wie Kalzium und Vitamin D zu wählen. So können sie zumindest teilweise die Vorteile von Naturjoghurt ersetzen.

Gibt es Leistungsunterschiede zwischen Sportler:innen, die sich ausschließlich pflanzlich ernähren, und Sportler:innen, die ihre Ernährung durch tierische Produkte ergänzen?

Leistungsunterschiede zwischen pflanzlich und gemischt ernährten Sportler:innen sind vor allem auf die Ernährungsplanung zurückzuführen. Eine gut geplante pflanzliche Ernährung kann ebenso leistungsfördernd sein wie eine Ernährung, die tierische Produkte enthält. Der Schlüssel liegt darin, alle Nährstoffbedürfnisse zu decken. Kritische Nährstoffe in der pflanzenbasierten Ernährung sind vor allem Protein, Eisen, Zink, Omega-3-Fettsäuren, Kalzium und Vitamin B12. Bekommen sie zu wenig davon, kann das die Leistungsfähigkeit merklich beeinträchtigen.

Sportler:innen, die tierische Produkte essen, haben oft einen leichteren Zugang zu hochwertigem Protein (z. B. aus Milchprodukten, Eiern oder Fleisch), das alle essenziellen Aminosäuren in einem optimalen Verhältnis liefert. Rein pflanzlich ernährte Athlet:innen können jedoch durch gezielte Auswahl von Lebensmitteln, wie Soja-Produkten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, ihren Bedarf decken. Wichtig ist es, den Nährstoffstatus insbesondere bei intensiven Trainingsphasen regelmäßig zu überprüfen, um Defizite zu vermeiden. Die Unterschiede in der Leistung liegen daher weniger in der Ernährungsform selbst als in der Qualität und Ausgewogenheit der Ernährung.

[1] Stuart M. Phillips Luc J.C. Van Loon: Dietary protein for athletes: From requirements to optimum adaptation, in: Journal of Sports Sciences, Volume 29, 2011 - Issue sup1: Supplementary Issue: IOC Conference on Nutrition in Sport, 25-27 October 2010, International Olympic Committee, Lausanne, Switzerland.

Dr. Steinbachs Ernährungs-Basics für Sportler:innen

Über die Expertin

Dr. Christina Steinbach ist Ernährungswissenschaftlerin mit jahrzehntelanger Expertise in der Sporternährung. Sie berät Hobby- und Leistungssportler:innen sowie Unternehmen. Als Coach und auf ihrem erfolgreichen Instagram-Account @docsteinbach macht sie komplexe Ernährungsthemen und Food-Wissen für Sportler:innen verständlich.

Disclaimer
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