Milchbauer Helmut Evers über Kuhkomfort und Klimabilanz
Die Kühe von Bauer Helmut genießen einen akustischen Wohlfühl-Service. Wie das die Milchleistung beeinflusst, verrät er uns im Interview.
Helmut Evers aus Wahrenholz im niedersächsischen Landkreis Gifhorn ist nicht einfach Milchbauer. Er ist engagierter Botschafter für die moderne Milchwirtschaft und überregional bekannt für seine außergewöhnlichen Aktionen im Kuhstall. Auf My Kuhtube hat der kreative Landwirt zahlreiche Videos veröffentlicht, in denen er von seinem Hofalltag erzählt, sein über Jahrzehnte gesammeltes Wissen teilt und auch mal einen Weihnachtschor im Kuhstall singen lässt. Seinen Milchhof betreibt Evers in der 18. Generation, dabei helfen ihm seine Frau Birgit, Tochter Marie und Schwiegersohn Klaas. Seine große Leidenschaft aber gehört den Tieren. Damit es ihnen gut geht, hat er sich etwas ganz Besonderes ausgedacht.
Meine Milchkühe bekommen einen speziellen Wohlfühl-Service. Neben unseren Komfort-Einrichtungen mit eingestreuten Liegeboxen, Bürsten und einer Kuhdusche spielen wir unseren Tieren jeden Tag Musik vor. Da mögen viele schmunzeln, aber Musik ist eine wichtige Komponente des Kuhkomforts. Wir haben zwei Lautsprecher, einen im Stall und einen im Melkstand. Während des Melkens werden die Mädels mit den Hits der 60er- 70er- und 80er-Jahren beschallt. Hintergrund ist, dass die Tiere durch die gleichmäßige, melodiöse Beschallung ruhiger werden und sie die Melk-Routine von klein auf entspannter wahrnehmen.
Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dieser Praxis gemacht, die sogar wissenschaftlich erwiesen ist. Zwei Musik-Journalismus-Studentinnen haben auf meinem Hof die „Musik im Stall“ analysiert und mit ihrem Professor bestätigt, was ich jeden Tag im Stall erlebe: Musik hat eine ausgleichende und beruhigende Wirkung auf die Tiere. Wir haben sogar schon öfter Konzerte im Stall veranstaltet. Auf meinem My Kuhtube-Kanal finden sich einige schöne Impressionen. Ob die Musik mit ein Grund für die hervorragende Milchleistung meiner Kühe ist, lässt sich nicht genau sagen. Aber ich kann es mir sehr gut vorstellen.
Unser Betrieb wirtschaftet schon recht nachhaltig. Wir nutzen energiesparende Gerätschaften und betreiben eine Hackschnitzel-Heizkraftanlage, mit der wir Nahwärme für das Dorf bereitstellen. Vor zwei Jahren habe ich außerdem den CO2-Fußabdruck meines Betriebs messen lassen. Das passierte im Rahmen des Modellprojekts „Klimaallianz Dorfentwicklung und Landwirtschaft“ der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Ich war sofort Feuer und Flamme für dieses Vorhaben und habe dabei geholfen, teilnehmende Betriebe zu finden. Einer davon war meiner. Es kamen zwei Experten der Landwirtschaftskammer auf den Hof und haben anhand eines Fragenkatalogs und verschiedener Parameter unsere Emissionen und Wirtschaftsleistung gemessen. Unsere Auswertung wurde dann mit denen der anderen beteiligten Betriebe verglichen und schließlich wurden Ziele gesetzt, in welchen Bereichen wir uns noch weiter verbessern können.
Die Ergebnisse waren insgesamt positiv. Unsere Klimabilanz kann sich sehen lassen. Einzig der hohe Stromverbrauch verschlechtert unsere Ökobilanz. Dabei haben wir mehrere Maßnahmen ergriffen, um Strom zu sparen. Zum Beispiel haben wir eine drehzahlregulierte Vakuumpumpe und einen Vorkühler für die Rohmilch. Die Stromfresser waren die Ventilatoren im Stall, die den Kühen die Sommerhitze erträglicher machten. Das zeigt: Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Strom zu sparen, sondern auch das Tierwohl zu erhalten. Wenn ich die Ventilatoren im Sommer ausstelle, würden die Tiere leiden und das ginge empfindlich auf die Milchleistung. Und wenn die erzeugte Milchmenge geringer wird, wird die Klimabilanz schlechter. Es gilt also, immer die Balance zu finden.
Die Milch wird immer mal wieder infrage gestellt. Manche greifen auf alternative Produkte zurück, weil sie sich fragen, was Kuhmilch in der Ernährung des Menschen zu suchen hat. Dabei hat die Milch dem Menschen in seiner Entwicklung seit Tausenden von Jahren wertvolle Dienste geleistet. Milch ist so ein wertvolles, vielseitiges, und für mich das schmackhafteste Lebensmittel, das es gibt. Dass die Milch schädlich sein soll, ist für mich absolut nicht nachvollziehbar. Und wer Zweifel an unserer Arbeit in der modernen Landwirtschaft hat, dem sage ich: Kommt vorbei und überzeugt euch davon, dass es unseren Tieren sehr gut geht. Ich lade alle herzlich auf unseren Hof ein, unsere Türen stehen offen. Und das nächste Konzert im Stall kommt bestimmt.
Helmuts Lieblingsvideo auf seinem My Kuhtube-Kanal ist übrigens die Geschichte der olympischen Goldmedaille im Kuhstall. Schaut rein und erfahrt mehr von ihm und seinem Kuhstall.